Rolf Stolz     · · ·     Literatur und Photographie

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TAGEHEFT

ZUM TAGEHEFT
In den Tageheften habe ich seit dem 1. Mai 2011 Tag für Tag festgehalten, was mir wichtig war - in einem oder mehreren Sätzen. Hier im Netz sind diese Texte seit April 2013 erschienen. Das erste Tageheft (2011-2012) ist 2016 als Buch erschienen, das zweite (2013-2014) 2017, das dritte (2015-2016) 2018, das vierte (2017-2018) 2019 (siehe unter AKTUELLES).

30. November 2022
Wachsam bleiben, unter Waffen bleiben!

29. November 2022
Kein Kriegsverbrecher solle ungesühnt bleiben, äußert ein bildungsbedürftiger Bundesjustizminister. Würfe er den ersten Stein, fiele ihm dieser aus Ungeschick auf die Füße.

28. November 2022
Wir Schreiber und Abzeichner haben weder von Gott und den Menschen den Auftrag, die Welt zu verschönern und zu vergolden, noch den Auftrag, sie zu verbessern. Wir haben das Vorgefundene anzunehmen. Wir können hoffen, ohne anderen unsere Hoffnungen aufzuzwingen.

27. November 2022
Nenne mir einen Fortschritt, der nicht vorwärts führt und näher an einen Untergang, seinen Untergang.

26. November 2022
Wir vergessen zu wenig und wir vergessen das Falsche. Wären wir doch in der Lage, alles zu verdrängen! In ein Vakuum, das endlich die Absolution liefert.

25. November 2022
Schlimmer als die Angst, allein zu sein in der Welt, und die Angst, nicht allein zu sein, ist die solide Furcht, daß wir nicht wissen werden, was schlimmer ist.

24. November 2022
Alles Mögliche läßt sich über das Nichts sagen.

23. November 2022
Manchmal erhalten wir vor unserem Tod noch einen Bericht mit einem anderen Blick auf vergangene Ereignisse. Der größere Rest treibt weiter in Mutmaßungen und Poesie hinein.

22. November 2022
„Ja“, sagte der Tod, „du möchtest nicht sterben. Aber dann hättest du Gewalt über mich und mehr Macht als ich. Aber selbst wenn ich bereit wäre, es dir zuzugestehen, müßtest du zuerst Gott fragen, ob er will, daß du Macht über ihn hast.“

21. November 2022
Der Landjunker verachtet die Plebejer und die Hofaristokraten, schon weil er sie nie begreifen wird. In den schlammverschmierten Stiefeln tagsüber, in den Lackschuhen bei abendlichen Festen lebt er seine Gegensätzlichkeit und hat seinen Halt an der Erde und den Träumen.

20. November 2022
Nur die Huren nennen als erstes ihren Preis.

19. November 2022
Gelegentlich haben wir in Einzelheiten recht, aber wie alle anderen auch haben wir nicht das Recht.

18. November 2022
Vom positiven Beispiel anderer Menschen kann man sich anregen, begeistern und ermutigen lassen. Man kann und darf nicht davon lernen. Lernen kann man vom negativen Beispiel, wie man es nicht machen sollte.

17. November 2022
Die Unerläßlichkeit der Sprache. Was für uns Sünde ist, ist das, was wir Sünde nennen, ob lauthals oder still in Gedanken. Dieses Recht dürfen wir uns nicht von den professionellen Sündern und Sündeleugnern nehmen lassen.

16. November 2022
Wer abstreitet, daß Menschen schon immer gekämpft haben gegen die, die sie beherrschen wollten, und zwar völlig unabhängig von der Frage, wer Recht hatte und wer moralisch besser oder schlechter war, der will entwaffnen und den Herrschern den Weg frei machen.

15. November 2022
Die elementare gesellschaftliche Bedeutung der Solidarität und der Toleranz. Beides gehört eng zusammen: Ich denke nicht wie du denkst, aber ich lasse dich und dein Denken zu. Das Problem der prinzipiell Intoleranten und Unbelehrbaren bleibt – man muß je nach ihrer Gefährlichkeit entscheiden, wo sie bleiben. Im ungünstigsten Fall vorbeugend vor sich selbst geschützt.

14. November 2022
Du magst den Wahnsinnigen knapp warnen, aber du solltest seinem Vormarsch, wenn er denn allein bleibt, nicht im Weg sein.

13. November 2022
Von den alten ehemaligen Freunden sollte man sich nichts erwarten. Hilfreich können Feinde sein, die wir für unseren Coup brauchen können und die uns für ihren Coup brauchen. Ein befristetes Bündnis ist mehr wert als eine unbegrenzte Hoffnung auf einen ausbleibenden Alliierten.

12. November 2022
Man muß den Regierenden dankbar sein, daß sie unseren Schlaf verhindern und uns in wacher Wut halten.

11. November 2022
Waren die Wenigen denn je mehr?

10. November 2022
Rücksicht und Blicke zur Seite sind hilfreich im alltäglichen Friedensleben. In der Gefahr sind sie gefährlich.

9. November 2022
Gesetzt den unwahrscheinlichen Fall einer Einladung aus dem und ins Schloß an uns Strolche und Bettler: Wer will uns unser vielfach durch Bestätigung genährtes Mißtrauen verdenken, daß uns womöglich ein Haushofdomestik eine Falle stellt, um uns auszurotten? Wen würde es verwundern, wenn wir innerhalb der Schloßmauern uns in kleinen Schritten bewegten, hinundhergerissen zwischen Ohnmacht und Koterbrechen? Wenn die Gnade unserer Anhörung bei uns Ekel und Fluchtwünsche auslöste?

8. November 2022
Angreifen sollte man nur, wenn man sicher siegt. Daß dies so selten ist, spricht dafür, ein bewaffneter Friedensheld zu bleiben.

7. November 2022
Notwendig retten die Mächtigen im günstigsten Falle die ohne sie Überlebenden.

6. November 2022
Der Platz auf der untersten Stufe der Treppe ist am bequemsten und am sichersten. Nur die Aufsteiger werden abstürzen.

5. November 2022
Der Anfang entscheidet über die Richtung – bis zur freiwilligen oder erzwungenen Umkehr.

4. November 2022
Verletzlich ist auch der Gepanzerte, wenn er auch nicht immer stark verletzt wird. Aber auch der Versuch des Verletzens wird ihn verletzen.

3. November 2022
Die für uns wirklich bedeutsamen Ziele sind nur in unserem Kopf sichtbar.

2. November 2022
Wir sammeln Ergebnisse und vergessen darüber die Suche.

1. November 2022
Wie soll das Licht uns schützen?

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