Rolf Stolz     · · ·     Literatur und Photographie

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TAGEHEFT

ZUM TAGEHEFT
In den Tageheften habe ich seit dem 1. Mai 2011 Tag für Tag festgehalten, was mir wichtig war - in einem oder mehreren Sätzen. Hier im Netz sind diese Texte seit April 2013 erschienen. Das erste Tageheft (2011-2012) ist 2016 als Buch erschienen, das zweite (2013-2014) 2017, das dritte (2015-2016) 2018, das vierte (2017-2018) 2019 (siehe unter AKTUELLES).

31. März 2022
Das Gewesene verwest niemals ganz.

30. März 2022
Bekanntlich ist die Zahl der Duzfreunde des Despoten oder seiner Familienärzte sehr begrenzt.

29. März 2022
Das Spiel mit der unzureichenden und laufend abnehmenden Zahl der Sitzgelegenheiten ist alles andere als ein schönes Spiel.

28. März 2022
Wer ungefragt bleibt, sollte zumindest über einen Beherbungsvertrag verfügen und den gut aufheben - im vollen Bewußtsein, daß auch das manchmal nicht reicht.

27. März 2022
Enfants terribles - eine Spezies, die vom kindisch Gewordenen bis zum jugendlich liebenswürdigen Dummerchen allerlei umfaßt.

26. März 2022
Wie lächerlich, wenn eine Türkin, Berlinerin, Künstlerin, Lesbe glaubt, mit ihr und wegen ihr ändere sich gerade etwas in Almanya. Laufend ändern sich die Dinge, aber manchmal zu einer unerwünschten Klarheit.

25. März 2022
Der Abstieg von der Wissenschaft des Höchsten - der Deutung des Mythos und der ihm folgenden Theologie zur alles umfassenden Philosophie und später dann zur immerhin noch den Bereich der wirtschaftlichen Unter-Welt systematisch analysierenden Volkswirtschaft, um letztendlich bei der Betriebswirtschaft zu enden.

24. März 2022
Bei einer Einkreisung genügen der Eindruck und das Gefühl, da niemals auf die Schnelle bewiesen werden kann, daß nicht Absichten und Pläne bestanden haben.

23. März 2022
Was kann man über die Zeit sagen auf dem versteinerten Papier?

22. März 2022
Kapitulationen, die nur schlimm sind für die Kapitulanten.

21. März 2022
Das Dilemma zwischen dem ungewissen Sinn des Opfers und dem ungewissen Sinn der Kapitulation.

20. März 2022
Du kannst niemandem seinen Kampf nehmen – unabhängig davon, ob er beendet wurde oder noch andauert. Selbst der, der seinen Kampf verrät und der leugnet, dabeigewesen zu sein, wird seinen einstigen Kampf nicht los.

19. März 2022
Haben nicht alle Kämpfenden IHR Recht, das ihres eigenen Kampfes und auf ihren Kampf? Die Rechtsgelehrten mögen es anders sehen, aber der Dichter muß absehen von allen Uniformzeichen, und seien es die der SS, und auf den nackten Menschen schauen, auf das, was er in Wahrheit ist.

18. März 2022
Das Recht auf das eigene Wort in voller Freiheit ist das allerelementarste aller Rechte. Deshalb verteidige ich bedingungslos das Recht auf das böse Wort. Man muß sagen dürfen: „Die Deutschen sind hirnlose Schweine.“

17. März 2022
Die Suche nach dem Unendlichen endet bei Welten, die sich zyklisch erneuern. Aber auch das wäre nur eine Kette von Begrenztheiten.

16. März 2022
Von draußen, aus dem leeren Raum bringen wir eine Kälte mit, die wir nicht abschütteln können.

15. März 2022
Die zweite, die künstliche Wirklichkeit unserer gespenstischen Gedanken, in denen wir uns ein Bild machen, das uns mehr erschrecken kann als die Realia.

14. März 2022
Wer sich danach drängt, von außen verändert zu werden, dem ist sowenig zu helfen wie einem, der von sich glaubt, er würde nicht trotz allen Widerstrebens und Widerstandes solchen Veränderungen unterliegen.

13. März 2022
Die abkupfernde Analyse steht stets neben den Dingen. Selbst in die Gedanken dringen wir nicht ein, bleiben außen vor ihnen.

12. März 2022
„Das wird Ihr Leben verändern“ versprechen die notorischen Propagandisten und Allesversprecher. Man sollte sie aufsuchen und ihnen ihr Scheitern nachweisen, indem man sie erbarmungslos zusammenschlägt.

11. März 2022
Wenn du aber nicht für eine der kämpfenden Farben einstehst, wenn du nicht in die mutige Begeisterung der Opernbesucher einstimmst, wenn du nichts zeitenwetterwendisch zurückzunehmen oder abzuleugnen hast, was wird aus dir werden? Einsamer als einsam kannst du nicht werden. Sollte die Zahl derjenigen anwachsen, die dich hassen, so wirst du dies wohl erst bemerken, wenn du eine Meinungsumfrage in Auftrag gibst und mit deinen einstigen Werten vergleichst.

10. März 2022
Nicht einmal Jesus behauptete, für Gott sprechen zu können und seinen Willen zu kennen.

9. März 2022
Oft genug haben die ersten das Privileg, als erste zu scheitern.

8. März 2022
Ein hirnloser Musikredakteur kündigt im Radio Mendelssohns Reformationssymphonie an und faselt davon, im leider kämpferischen Text von Luthers „Ein feste Burg“ werde Gott groß‘ Macht und viel List zugeschrieben. Man möchte ohnmächtig werden und wünscht solchen Volkserziehern keinerlei Macht mehr über ihre armen Hörer und viel freie Zeit, um viel nachzudenken.

7. März 2022
Warum gönnen uns die Dauerlutscher des Deppen-Partizips, die Arbeitnehmenden im sprachlichen Hintern der Führungsmacht mit ihren mit CARE und FASHION betitelten Buchergüssen, nicht, daß wir sie hochverachtungsvoll bemitleiden und mitleidig verachten? Was haben wir sonst von ihnen – sollen wir grüßend ihre verseuchten Hände schütteln, sollen wir von ihnen eine Scheibe Brot, ein Blatt Papier oder anderen Schmutz annehmen?

6. März 2022
Wir sind auf eine schmale Felsspitze gefahren, von Abgründen umgeben. Als erstes legen wir die Handbremse ein, und wissen doch nicht, wie wir heil zurückfahren könnten oder wie wir unser Fahrzeug verlassen können, ohne abzustürzen.

5. März 2022
Eher elf Finger als elf Freunde.

4. März 2022
Wie soll es Mitgefühl mit Insekten geben?

3. März 2022
Nur die Überlebenden Zeugen der Kriege.

2. März 2022
Natürlich ist ein Schloßbesitz auch eine Einsperrung.

1. März 2022
Im Licht des Tages verliert sich, was wir in den Träumen besaßen.

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