Rolf Stolz     · · ·     Literatur und Photographie

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TAGEHEFT

ZUM TAGEHEFT
In den Tageheften habe ich seit dem 1. Mai 2011 Tag für Tag festgehalten, was mir wichtig war - in einem oder mehreren Sätzen. Hier im Netz sind diese Texte seit April 2013 erschienen. Das erste Tageheft (2011-2012) ist 2016 als Buch erschienen, das zweite (2013-2014) 2017, das dritte (2015-2016) 2018, das vierte (2017-2018) 2019, das fünfte (2019-2020) 2021, das sechste (2021-2022) 2023 (siehe unter AKTUELLES).

1. Mai 2025
Diese Idee muß man erst einmal haben: Einen Parteimann zum Staatsbeauftragten für die Verbreitung des Antisemitismus zu ernennen.

2. Mai 2025
Wie hilfreich ist es für einen, der in wildem Wasser um sein Leben kämpft, wenn wohlmeinende Freunde und übelmeinende Freundschaftssimulanten vom sicheren Ufer aus Ratschläge erteilen, wie er sich retten kann?

3. Mai 2025
Echte Freunde werden sich nie als echte Freunde anpreisen. Dies tun nur die getarnten Feinde.

4. Mai 2025
Einem geschlagenen Heer Waffen zu liefern entspricht der Ausgabe von Drogennachschub an Kokainisten und Morphinisten – es reduziert für kurze Zeit den Schmerz, aber sichert nicht das Überleben.

5. Mai 2025
Die erste und wichtigste Aufgabe eines Anführers – vielleicht letztlich die einzige - in einem Krieg ist, den Krieg zu gewinnen.

6. Mai 2025
Wie soll man aus Greueltaten lernen? Nicht einmal aus den eigenen ist etwas zu lernen, da sie uns zu nahe liegen und zu nahe gehen. Wieviel weniger aus den fernen unbegreiflichen und letztlich ziel- und zwecklosen der anderen.

7. Mai 2025
Es bleibt fraglich, was der Mensch ist und ob das, was er in Wirklichkeit ist, nicht das genaue Gegenteil des mit „Humanität“ Gemeinten ist und ob diese in Kriegszeiten abgesehen von Ausnahmen durch Einzelentscheidungen Einzelner überhaupt zu finden sein wird.

8. Mai 2025
Die Ganoven stellen Fragen, deren Antwort sie kennen.

9. Mai 2025
Eine Reformation tut not, die einen großen Teil der Reformen zurück auf Null bringt, um neue aufzubauen.

10. Mai 2025
Das Schicksal läßt nicht immer alle überleben. In manchen Situationen ist das Abtreten des einen Vorbedingung für das Entrinnen des anderen.

11. Mai 2025
Überall Schauspieler an der Macht.

12. Mai 2025
Du bist nicht der Staat. Ich bin es genausowenig. Wir sind Opfer derjenigen, die nicht einmal wissen, wie weit Europa reicht.

13. Mai 2025
Auf das Sozialverhalten eines Marcel Beyer im neuen Staat nach dem Januar 1933 ließe sich eine mit höchster Wahrscheinlichkeit zutreffende Prognose abgeben, falls nicht ein Damaskus-Blitz neben ihm einschlagen würde.

14. Mai 2025
Ein Narr, der der größte aller Narren werden will. Ein Fall grassierender Tollwut.

15. Mai 2025
Die kleine Elster, die offensichtlich noch nicht fliegen kann, das tiefe Blau auf ihrem Gefieder und der Gedanke, sie ihrem Schicksal zu überlassen und ihr den Überlebenserfolg zu wünschen.

16. Mai 2025
Ludwig Thoma war natürlich ein Nazi, wie allein schon dadurch bewiesen wird, daß er einen Bauern zum anderen sagen läßt: „Kimm hoam, Nazi.“

17. Mai 2025
Auch wenn an den Vielbefehdeten vieles zu kritisieren wäre – zunächst sollte aus Gründen der Mundhygiene nichts gegen sie über unsere Lippen kommen.

18. Mai 2025
Nur Mediengauner werden den Betropften verwehren, sich unter den Gaunern, die zu wählen oder zu bewerten sind, diejenigen auszusuchen, die uns weniger bedrohen und schädigen.

19. Mai 2025
Durch vermüllte und verkommene Denkmäler müssen die Flüsse geleitet werden, um die Augiasställe vom erstickend angewachsenen Schutt zu befreien. Breitschultrige Domschweizer und zitternde Amtskirchenräte werden sich erfolglos in den Weg stellen – enttäuscht, daß da kein Wasser sich bekämpfen läßt und daß dummerweise der neue wie jeder Geist für sie unsichtbar ist. Schon, weil ihnen jeder Geist fehlt.

20. Mai 2025

21. Mai 2025
Banal, aber sachgerecht und empfehlenswert: Auf glattem Boden langsam gehen.

22. Mai 2025
Es kann sein, daß du vergeblich wartest, weil die Welt erst nach deinem Ableben untergeht.

23. Mai 2025
Es gibt Mahnungen, weil du etwas falsch gemacht hast und es gibt Mahnungen um der Mahnung willen.

24. Mai 2025
Sollte sich ein Einzelkämpfer wundern und beklagen, daß es für ihn keine Mannschaft gibt? Nicht einmal ein anfeuerndes Amateurballett.

25. Mai 2025
Problemsuche hilft, Probleme zu finden, die keine sind.

26. Mai 2025
Nimm es als Trost, nicht mitgemacht zu haben und deshalb wenig zu sein. Das ist genug an Belohnung. Wenn sie kommen, dann kommen sie.

27. Mai 2025
Wenn ein Mensch statt eines Gesichtes eine Fresse hat oder eine ebensolche macht, die mit „Visage“ allzu freundlich umschrieben wäre, wie soll man da in verzweifelter Suche einen Ersatzausdruck finden?

28. Mai 2025
Erinnert wird der Verlust der Hauptstadt, nicht der ihrer Nebenorte. Die vertriebenen Deutschen aus den Weiten des Ostens werden noch weniger erinnert als die Hauptgruppen aus den jahrhundertelangen Siedlungsgebieten, obwohl ihr Leid und ihre Leistung größer waren.

29. Mai 2025
Das ist die Kunst, aus Eigenem, also auch aus Unwissenheit und Vergessen, den Dünger zu schaffen, auf dem das Schöpferische aufwachsen kann.

30. Mai 2025
Unterwegs mit jungen Leuten, in getrennten Abteilen und mit ungewissem Ausgang der Reise.

31. Mai 2025
Ich führe unsere Personalnummern und unsere Kennziffern an, um meine Zweifel an deren Sinn und Zweck und an der ganzen Firma zum Ausdruck zu bringen.

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