Rolf Stolz     · · ·     Literatur und Photographie

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TAGEHEFT

ZUM TAGEHEFT
In den Tageheften habe ich seit dem 1. Mai 2011 Tag für Tag festgehalten, was mir wichtig war - in einem oder mehreren Sätzen. Hier im Netz sind diese Texte seit April 2013 erschienen. Das erste Tageheft (2011-2012) ist 2016 als Buch erschienen, das zweite (2013-2014) 2017, das dritte (2015-2016) 2018, das vierte (2017-2018) 2019, das fünfte (2019-2020) 2021, das sechste (2021-2022) 2023 (siehe unter AKTUELLES).

1. Juni 2025
Es hilft dem Hund nicht, daß er sich auf den Hinterbeinen aufrichtet, um den Raubvogel über ihm zu fassen zu bekommen.

2. Juni 2025
Als der Hund merkte, daß der von ihm für einen Vogel gehaltene und verbellte Feind auf der anderen Straßenseite nur ein windbewegter Blätterzweig war, war er schon überfahren worden.

3. Juni 2025
Da es sich gleichbleibt, ob wir etwas, das wir nicht ändern können, verneinen oder bejahen, ist der Ausweg, gelassen diese Dinge zu lassen, wie sie sind.

4. Juni 2025
Schuld: Vor uns wie ein Werkstück oder sogar wie ein zu zerteilendes Schnitzel.

5. Juni 2025
Wieviel Angst wir wohl hätten, wenn wir die Nase von Hunden hätten oder wenn wir eine Begabung zur Prophetie hätten!

6. Juni 2025
Wir haben nicht einmal die Gegenwart. Beziehungsweise wir haben sie so wie ein Nichtschwimmer in einem reißenden Strom.

7. Juni 2025
Unsere Gedanken und Wahrnehmungen bilden die Setzungen, mit denen wir in die Welt gesetzt werden mit dem relativ kleinen Aspekt, daß wir uns gesetzt haben, und dem größeren Anteil unserer Illusion, wir hätten uns geschaffen.

8. Juni 2025
Als er mit einem Wunsch konfrontiert wurde, dem er nicht folgen konnte, teilte er mit: „Ich kann vieles, nur folgen kann ich nicht.“

9. Juni 2025
Es gibt Gemeinschaften, die ich achte und schätze. Communities verachte, hasse und bekämpfe ich generell.

10. Juni 2025
Ein Land wird nicht größer durch äußerste Entschlossenheit und sein Waffenvorrat auch nicht.

11. Juni 2025
Sanktionen: Die merkwürdige Auffassung, es sei besser, den Gegner ins Gesicht zu schlagen als in einen Kampf mit ihm zu gehen.

12. Juni 2025
Die Verschwörungspraktiker hetzen gegen angebliche Verschwörungstheoretiker.

13. Juni 2025
Es ist eines der Zeichen für Niedergang und vorbereiteten Untergang, wenn von bewußten oder unbewußt-naiven Helfern bestimmte Elemente einer Kultur und Religion, die unsere Lebensform und unseren Glauben besiegen und vernichten will, Schritt für Schritt eingeschmuggelt werden in die Medien, die Bildung, den politischen Betrieb.

14. Juni 2025
Nur nach der Wahrscheinlichkeit gefragt: Was ist wahrscheinlicher, ein erneuter Sieg des Faschismus in Deutschland oder eine mittelfristige demographisch fundierte Machtübernahme von Islamisten? Was ist wahrscheinlicher nach einem Umsturz oder legalem Regierungsantritt, eine neonazistische Verbrennung unerwünschter Bücher oder ein Totalverbot unislamischer Literatur?

15. Juni 2025
Bemerkt niemand, wenn zu Pfingsten die Hadj-Berichte in der Tagesschau vor den Pfingst-Berichten erscheinen? Soll hier eine zukünftige Rangfolge vorbereitet werden, mit noch geduldeten Dhimmis?

16. Juni 2025
Was soll das sinnlose Gerede von Fehlern und Versäumnissen der Regierung? Ihr makelloser und entschlossener Kampf gegen die Meinungsfreiheit trägt doch längst schon reiche Früchte und sichert durch den Eingang saftiger Geldstrafen demnächst die erfolgreiche Wiedereinführung des Schuldenabbaus.

17. Juni 2025
Überall Weiterentwicklung – der Kriegsbegeisterung großer Zwerge gegen Riesen, welche die Völkerrechtsparagraphen mißachten, der Unterdrückung und Correctivierung vom allgemeinen Nullwert abweichender Gedanken, der Erfindung idealer Luftschlößchen.

18. Juni 2025
Mit fröhlicher Stimme verkündet die Rundfunksprecherin: „Die Zahl der Ladendiebstähle nimmt zu.“ Warum nicht gleich der Appell „Raubt das Geraubte“?

19. Juni 2025
Die unabhängige Justiz, das müßte sich erst noch beweisen lassen durch tatsächliches Handeln der Robenträger.

20. Juni 2025
Wer in den Karriereaufzug der zum knöchernen historischen Leitfossil gewordenen sozialdemagogischen Partei auf dem linken Ticket eingestiegen ist, gelangt am Ende verdientermaßen in den Seeeinheimser Kreis.

21. Juni 2025
Kein denkendes Wesen kann sich befreien von der Vorstellung in ihm, daß es da draußen einen Gott gibt – unabhängig von den Zweifeln und Gewißheitsgefühlen, die derjenige verspürt.

22. Juni 2025
Weil sie Gott nicht als ihren Herrn anerkennen wollen, stufen sie ihn herab zu ihrem Bruder. Er kennt sie, wie sie glauben können, in allem, sie kennen ihn nicht.

23. Juni 2025
Liest man einen Titel einer Erzählung, hat man keinen Rechtsanspruch darauf, daß auch tatsächlich ein König oder eine Wasserleitung in ihr vorkommen. Vom ersten Wort an hat der Dichter alle Freiheit der Aufnahme in sein Personal und seine Requisiten, aber auch der konsequenten Aussonderung.

24. Juni 2025
Die Lyriker mit ihrem Blick auf das unverbundene Einzelne sind prädestiniert, die drückende und drängende Vergangenheit zu zerlegen in zu bewältigende Stücke.

25. Juni 2025
Der Roman: Eine fortlaufende, verlaufende, sich überlagernde Collage der Worte.

26. Juni 2025
Werther ist nicht Goethe, sicher. Auch ich bin nicht Jean-Pierre Mihiel. Aber ich bin neben ihm gegangen, damals und auch danach.

27. Juni 2025
Wer „sperrig“ als Negativkriterium für literarische Güte sieht, dem steht im Oberstübchen ein Sparren sperrig quer.

28. Juni 2025
Lieber unempfindsam und frivol, wie die adligen Spötter es einst waren, als kreuzbrav und empfindsam wie die nach bequemer Ruhe lechzenden Jungchen.

29. Juni 2025
Es ist ein Zeichen der Zivilisation, daß selbst die Gangster in der Politik oder in anderen Erwerbszweigen nicht Gangster genannt sein wollen. Selbst Väter, die mit ihrem Sohn einen Überfall begehen, auf der Flucht in die Wupper springen und von dort unterkühlt gerettet werden müssen, werden zögern, sich „Gangster“ zu nennen oder nennen zu lassen.

30. Juni 2025
Die Verseuchung mit mikroskopisch kleinen zusammenhanglosen Informationsschnipseln, also der tägliche Aufguß der Medieninfusion, führt in eine opulente und vielfältige Demenz.

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