Rolf Stolz     · · ·     Literatur und Photographie

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TAGEHEFT

ZUM TAGEHEFT
In den Tageheften habe ich seit dem 1. Mai 2011 Tag für Tag festgehalten, was mir wichtig war - in einem oder mehreren Sätzen. Hier im Netz sind diese Texte seit April 2013 erschienen. Das erste Tageheft (2011-2012) ist 2016 als Buch erschienen, das zweite (2013-2014) 2017, das dritte (2015-2016) 2018, das vierte (2017-2018) 2019 (siehe unter AKTUELLES).

31. Juli 2021
Eingereiht zu werden in den Fürstenzug ist eine subtile Schmähung.

30. Juli 2021
Eine Ausrede der Diebe: Man habe nichts stehlen wollen, es sei kalt gewesen und man habe eine Unterkunft gesucht.

29. Juli 2021
Thomas gläubiger als alle, seinen Zweifeln und seinem Nachprüfen vertrauend.

28. Juli 2021
Ein teuflischer Trick, von Gott zu verlangen, daß er stets nichts als Gott ist und ihm jede Verwandlung zu untersagen.

27. Juli 2021
Auch das Gebrüll eines Löwen kann dadurch entstehen, daß er seine Angst verbergen will.

26. Juli 2021
Es sind die erbärmlichsten Hasen, die den Löwen vorwerfen, nicht immer in jedem Augenblick und in jeder Hinsicht Löwen gewesen zu sein.

25. Juli 2021
Ohne zuviele Bedenken alles für den Sieg ausgeben. Wer tot ist, verliert alle Schulden – nicht anders der Sieger.

24. Juli 2021
Welche selbstmörderische Bewunderung für den neuesten chinesischen Zerstörer!

23. Juli 2021
Niemand bedenkenloser im Opfern seiner Soldaten als der unsoldatische Stalin, eher ein Räuber und Räuberhauptmann als ein Generalissimus. Hitler dagegen eher zögerlich, siehe den Nicht-Angriff auf Malta nach den hohen Verlusten der Fallschirmjäger auf Kreta.

22. Juli 2021
Wer hätte bei Kriegsbeginn den Soldaten die Niederlage versprochen?

21. Juli 2021
1968: Fern vom Volk war die ganze Bewegung. Aber auch damals gab es die, die aus dem Volk kamen, und die anderen. Es gab die, die glaubten, eines Tages mit dem Volk die Volksmacht zu erreichen, und die, die damals schon bewußt logen, wenn sie vom Volk sprachen.

20. Juli 2021
Trauern sollst du, trauern? Aber wer klagt, wird sich nicht wehren oder erst später, wenn es vielleicht schon zu spät ist.

19. Juli 2021
Warten die Zecken, bis die Zugvögel zum Nest zurückkehren?

18. Juli 2021
Zu wissen ist als Möglichkeit ein Privileg des Alters. Der Jugend ist es verwehrt.

17. Juli 2021
Suche die Spuren, aber deute sie nicht zu Tode.

16. Juli 2021
Für Zeiten des Niedergangs ist typisch ihre entgrenzende formlose Sinnentleertheit – vielseitig einsetzbar, aber im Dekorativen erstarrt. Das neue Vakuum ist vielleicht interessanter, aber nicht impulsreicher als das alte. Neo-Schrott ist eben auch Altmetall.

15. Juli 2021
Die Pseudo-Avantgarde hat die Endpunkte ihrer Sackgassen erreicht, an deren Anfang schon ein Schild warnte „Keine Wendemöglichkeit“.

14. Juli 2021
Eine Kunst, die voraus ist, allen Trends avantgardistisch voraus, kann nicht stromlinienförmig angepaßt sein, denn das, an dem sie sich orientiert, ist zukünftig und noch nicht da.

13. Juli 2021
In den Städten gibt es Asphaltliteraten, auf den Dörfern Dorfdichter. Idiotie des Lebens gibt es allerorten, ebenso wie Leuchtendes und Erleuchtetes. Immer aber kommt es an auf die Weite, Tiefe und Welthaltigkeit unserer Innenwelt.

12. Juli 2021
Ich rette den Baumwürger, indem ich ihn abtrenne vom Baum und ihn kurz über dem Boden abschneide. Dadurch, daß er neu beginnen muß, kann er länger leben.

11. Juli 2021
Redundanz scheint eine Hilfe zu sein, daß Systeme langfristig existieren können. Gegenläufig ist das Plus der Einfachheit. Denn der Tausendfüßler kann über seine vielen Beinchen stolpern.

10. Juli 2021
Wenn die Liebe die Triebkraft der Evolution ist, dann ist sie es in all ihren Variationen, auch in ihren tödlichen und in ihren toten Sackgassentrieben.

9. Juli 2021
Wenn wir zustandekommen, indem eine von unendlich vielen Möglichkeiten wirklich wird, sollten wir das als Hauptgewinn bejubeln oder unsere Einsamkeit verfluchen?

8. Juli 2021
Daß seit Millionen von Jahren kein weiterer Tierstamm aufgetreten ist, deutet auf Erschöpfung der Schöpfung hin.

7. Juli 2021
Nur kurze Zeit sind unsere Fußabdrücke im Sand sichtbar. Wir wenden uns erst um, wenn sie verschwunden sind.

6. Juli 2021
Wir folgen der Zeitachse. Sie verfolgt uns usque ad finem.

5. Juli 2021
Es ist wenig tröstlich, daß ein Mensch so wie Phineas Gage 1848 eine drei Zentimeter dicke Eisenstange durch den Kopf bekommen muß, um seinen Charakter zu ändern.

4. Juli 2021
Haben wir die Freiheit frei zu sein oder ist unsere Freiheit das Danaergeschenk, das uns umzubringen droht?

3. Juli 2021
Daß die Armut zunehmen kann, ist trivial. Aber das Anwachsen des Nichts bleibt ein Mysterium.

2. Juli 2021
Gesetz und Struktur sind im Grunde eins, und nur im Geschehen, im Weltprozeß werden sie aus Potenzen zu Wirksamkeiten.

1. Juli 2021
Nur in der großen Linie stimmen die Gesetzmäßigkeiten.

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