Rolf Stolz     · · ·     Literatur und Photographie

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TAGEHEFT

ZUM TAGEHEFT
In den Tageheften habe ich seit dem 1. Mai 2011 Tag für Tag festgehalten, was mir wichtig war - in einem oder mehreren Sätzen. Hier im Netz sind diese Texte seit April 2013 erschienen. Das erste Tageheft (2011-2012) ist 2016 als Buch erschienen, das zweite (2013-2014) 2017, das dritte (2015-2016) 2018, das vierte (2017-2018) 2019 (siehe unter AKTUELLES).

31. Januar 2021
Abschied ohne Absturz.

30. Januar 2021
Um zu überleben, sich fallen lassen in den Abgrund der Zeit. Ein Sprung wäre nicht mutig genug.

29. Januar 2021
Höre den Menschen zu. Allen. Die, die dir nichts sagen, sagen dir damit alles Nötige.

28. Januar 2021
Warum auflösen, was längst in Auflösung und Zersetzung übergegangen ist.

27. Januar 2021
Von wem als von dir selbst willst du lernen, selbständig zu sein.

26. Januar 2021
Der, der allein ist, kann sich sorgen um alle. Aber sorgen muß er, ehe Entsatz kommt, für sich allein und allein für sich.

25. Januar 2021
„Ich bin reich“ ist eine zulässige Aussage, die beim Ärmeren von einem selbstkritischen Blick auf das wirklich Wichtige zeugt und beim Reicheren von ehrlichem Realismus. „Du bist reich“ oder „wir leben in einem reichen Land“ (im Sinne von: Hier handelt es sich um einen gefälligst zu ändernden Makel) sind Redewendungen von Räubern, denen man unverzüglich alles nehmen muß. Was sie außer Egoismus, Unverschämtheit und Raffgier besitzen, sind ihre handgreiflichen und rhetorischen Diebesinstrumente.

24. Januar 2021
Werden die „Nachtwachen des Bonaventura“ weniger erschreckend, weil wir zu wissen meinen, wer sie schrieb? Erschreckt uns die „Rede des toten Christus“ weniger, weil wir wissen, wer da spricht?

23. Januar 2021
Dem, der seine Mittelmäßigkeit und seine Defizite spürt, wird jede Rangordnung unnatürlich und widerwärtig erscheinen.

22. Januar 2021
Manchmal jagen bei der Hexenjagd die Hexen.

21. Januar 2021
Nur der, der verdientermaßen von unten kommt, wird sich über diesen Umstand beklagen, statt ihn als Herausforderung und eine erst später wirksame Auszeichnung zu sehen.

20. Januar 2021
Eine Eselsbrücke für logische Folgerichtigkeit: Damit ihr brecht, sprecht wie Precht.

19. Januar 2021
Sind nicht die mehrfachen, vielleicht noch ein wenig gesamteren Gesamtausgaben eines jener Autoren aus einem engen bis verengten Kanon nicht am Ende doch ein Anzeichen von Übersättigung und Dekadenz?

18. Januar 2021
Baue dein Haus – in der Einsamkeit, in der niemand dich ablenkt und deine Kreise stört. Erwarte nicht, daß Vorbeigehende dich unterhalten und deine Arbeit loben werden.

17. Januar 2021
Helfe allen Strauchelnden und Gefallenen, sich zu fangen und wieder aufzustehen. Die, die dann zu jammern beginnen, kannst du ohne Zögern umstoßen.

16. Januar 2021
Man muß im Haus des Henkers vom Strick sprechen. In Deutschland von den deutschen, in Polen von den polnischen, in Tschechien von den tschechischen Morden. Man sollte sich nur nicht wundern, daß die Enkel des Henkers die Enkel des Henkers sind.

15. Januar 2021
Daß die Welt sich entwickelt, wie wir es uns wünschen, ist der denkbar dümmste Wunsch.

14. Januar 2021
Genug ist es, alles gewollt und etwas getan zu haben.

13. Januar 2021
Der für sich asketische Asket ist ein guter Mensch, der Askese Predigende ist ein Narr oder ein Gauner.

12. Januar 2021
Es gibt Ausländerfeindlichkeit. Es gibt Ausländer, gegen die aus guten oder weniger guten Gründen feindliche Gefühle bestehen. Sie sprechen, wenn es gegen sie geht, von Ausländerfeindlichkeit.

11. Januar 2021
Andere Menschen in Ruhe zu lassen verdient Dank und Anerkennung.

10. Januar 2021
„Du bist besser geworden.“ Schärfer, böser, bitterer?

9. Januar 2021
In seinem Gedicht „Zehntel des Lebens“ schafft es der promovierte Energetiker und Prenzelberger Lars-Arvid Brischke, aus Hölderlins Eigentum mit maximalem Energieaufwand als Abbau- und Ausschußprodukt eine homöopathische Verdünnung herzustellen, die sogar zum Zweck der Volksbildung ausgesendet werden kann.

8. Januar 2021
Welch ein Glück, daß die Geschichte noch nicht entschieden ist und die Gegenwart noch nicht überwältigt ist!

7. Januar 2021
Nicht vergessen: Prometheus ist ein Reaktionär und Revanchist, einer aus dem gestürzten Titanengeschlecht.

6. Januar 2021
Die Herzkammer der Demokratie im Kapitol? Als der Motor des Perpetuum Mobile?

5. Januar 2021
Die Betrüger machen aus der bloßen Nennung des Betrugs schon eine Art Staatsverbrechen.

4. Januar 2021
Bei Twitter aus Anlaß des Todes gewürdigt zu werden: Dann möchte man sterben, hätte man es nicht schon hinter sich.

3. Januar 2021
Wir überleben und träumen von Unsterblichkeit.

2. Januar 2021
„Wir können mehr.“ Bei bestimmten Zeitgenossen ist das eine böse Drohung.

1. Januar 2021
Wären wir unsterblich, würde quotiert.

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