Rolf Stolz     · · ·     Literatur und Photographie

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TAGEHEFT

ZUM TAGEHEFT
In den Tageheften habe ich seit dem 1. Mai 2011 Tag für Tag festgehalten, was mir wichtig war - in einem oder mehreren Sätzen. Hier im Netz sind diese Texte seit April 2013 erschienen. Das erste Tageheft (2011-2012) ist 2016 als Buch erschienen, das zweite (2013-2014) 2017, das dritte (2015-2016) 2018, das vierte (2017-2018) 2019 (siehe unter AKTUELLES).

30. November 2020
Das Leben eine Gnade und in ihm der Glaube eine Gnade. Es ist uns verwehrt, etwas zu verdienen.

29. November 2020
Die bemalten Särge sind für die Lebenden.

28. November 2020
Bei unseren Gegnern ist zu differenzieren zwischen den charakterlich sympathischeren, aber weitaus gefährlicheren Ausdauernden und denen, deren Meinungen nicht allzu wasserfest sind und IN DIEBUS NOË wegschwimmen werden.

27. November 2020
Was wird der, der nur das Gesetzeswerk und die Bräuche seiner Separatgemeinschaft als maßgeblich anerkennt, mit dem Geschenk eines auf Büttenpapier gedruckten Grundgesetzes anfangen?

26. November 2020
Ist der schwarze Rassismus hassenswert? Man kann nicht sagen, daß die haßzerfressenen schwarzmagischen Brandschatzer und Kulturabräumer sich nicht ihrer Haut wehrten und ihre eigenen Interessen höheren Kompromissen opferten. „Wehrt euch, kämpft um euer Leben!“ rufen sie den eigenen Leuten zu, aber auch jenseits der von ihnen ausgehobenen Schützengräben könnte man diesen Ruf hören und sich einprägen.

25. November 2020
Die Trauer in der Stimme des alten Mannes, den ich 1973 in Nordschleswig am Straßenrand sah, als ich ihn fragte, wo es nach „Grasten“ ginge, wie ich Gråsten aussprach, und der mir antwortete, ich wolle sicher nach Gravenstein. Immer die unschuldige Ignoranz der Jugend.

24. November 2020
Aus dem westdeutschen Qualitätsmedium schallt es: „Tondern war bis 1920 deutsch. Damals haben die Menschen beschlossen, die Grenze weiter nach Süden zu verlegen.“ Was sind das für Menschen, die so formulieren? Alles Menschliche ist ihnen fremd.

23. November 2020
Die vom richtigen Rand bestimmen, was im Salonwagen gespielt wird. Die vom falschen Rand kommen unter die Räder. Wohin aber der Zug fahren soll, das wissen nur die vom allerobersten Rand.

22. November 2020
Nicht einmal, daß jemand sich wohlfühlen möchte, kann unterstellt werden. Es gibt sie, die sich leidend und gequält erleben möchten.

21. November 2020
„Wenn ich wiederkomme …“. Temporal oder konditional gemeint?

20. November 2020
Der reiche Bruder läßt auf dem Grundstück seiner Firma seinen armen Bruder in einer Hausmeisterwohnung wohnen. Der Reiche weiß genau, daß der bärtige weißhaarige Mann auf dem Bild im Flur seines Bruders nicht der Hüttenwirt aus der Steiermark ist, sondern Karl Marx. Aber er genehmigt seinem Bruder den Glauben, daß ihm die Täuschung gelungen ist.

19. November 2020
Die Zahl der grausamen und bösartigen Frauen, die diese Antriebe ausleben konnten, blieb relativ klein, solange die allermeisten Frauen fern der Macht und der Öffentlichkeit gehalten wurden. Die Vorstellungen von Ritterlichkeit, von Nicht-Gewalt gegen Frauen und Kinder zügelten die zu Übergriffen bereiten Männer. Das ist anders geworden.

18. November 2020
Mut ist keine moralische Kategorie, Heldenmut auch nicht. Es ist ein als Disposition angelegtes Verhaltensstrukturmerkmal – auch bei dem Gangster, der seinen Komplizen ohne Rücksicht auf das eigene Leben aus dem Kugelhagel der Polizei rettet.

17. November 2020
Wie läßt sich eine politische Ethik entwickeln, die beschreibt, wie es sein sollte und zugleich analysiert, wie es ist? Wie kann Politik über den Ausnahmemoment hinaus ethischen Grundsätzen folgen?

16. November 2020
Nachschauen, ob der Baum Wurzeln geschlagen hat und ob er Früchte trägt. Danach das Weitere entscheiden. Aber eine begrenzte Geduld haben.

15. November 2020
In Not, in der verzweifelten Verteidigung erledigen sich die Rechtsfragen durch die Frage nach geeigneten Mitteln.

14. November 2020
Wenn der sogenannte Führer der sogenannten freien Welt nun aber kein Führer ist, wenn er nicht einmal frei ist. Auch abgesehen von den Bindungen an seine Gönner und imaginären Götter ist dieser Steuermann Gefangener einer Situation, in der er weder Ufer noch Riffe sieht, das Geschrei hinter ihm nicht mehr hört und kaum noch das Ruder halten kann.

13. November 2020
Unsere Gegner haben einen grundsätzlichen Anspruch darauf, bekämpft zu werden. Manchmal allerdings muß man ihnen ausweichen, damit sie in ihrem Sturmlauf freie Bahn haben für den freien Fall.

12. November 2020
Nicht einmal ob die Toten selig sind wissen wir.

11. November 2020
Wer sind wir? Wer waren wir, als wir begannen? Wer sind wir geworden, bis jetzt?

10. November 2020
Das Geschenk des Lebens erhalten wir ohne Absenderangaben und Begleitpapiere. Es gibt mehr oder weniger ungesicherte Vermutungen über den Absender und über die Gründe und Hintergründe des Schenkens.

9. November 2020
Ohne daß wir je einen Abstand bestimmen könnten, kommen wir Gott näher, indem wir uns ihm zu nähern versuchen.

8. November 2020
Man muß an den Glauben glauben. Man muß glauben, als gäbe es Gott und – im Bewußtsein unseres Nicht-Wissens – als wüßten wir mit unendlicher Gewißheit, daß es ihn gibt.

7. November 2020
Das Auftreten der Gottesbeweise beweist vor allem das Sich-Abschwächen des unbedingten Glaubens. Die nächste Stufe des Niedergangs waren die Schwindelbeweise, daß es Gott nicht gäbe.

6. November 2020
Nicht einmal der Glaube läßt sich im strengen Sinn des Begriffes BEWEISEN. Es lassen sich lediglich Anzeichen und Symptome angeben. Für den Inhalt des Glaubens, also das, worauf er sich richtet, gibt es erst recht nicht die Chance eines Beweises. Darüberhinaus hat jedes Anführen von Hinweisargumenten den Charakter eines ebenso absurden wie lästerlichen Sakrilegs.

5. November 2020
Dem, der von Ausländerfeindlichkeit spricht und von Deutschenfeindlichkeit schweigt, soll die Zunge abfallen. Mildernde Umstände kann man hierbei allenfalls Ausländern einräumen.

4. November 2020
Was wäre eine Gnade, die sicher ist? Das Gebet wäre entbehrlich.

3. November 2020
Krieg ohne Blutvergießen ist so häufig zu finden wie Politik ohne Lügen und Betrug.

2. November 2020
Wir sprechen von Zielen und doch sind Zwischenstationen gemeint auf den Wegen, die alle zu einem und demselben Punkt führen.

1. November 2020
Wenn der Ruf „Eisberg voraus!“ ertönt – welchem Soziologieprofessor würden Sie das Ruder übergeben?

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