Rolf Stolz     · · ·     Literatur und Photographie

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TAGEHEFT

ZUM TAGEHEFT
In den Tageheften habe ich seit dem 1. Mai 2011 Tag für Tag festgehalten, was mir wichtig war - in einem oder mehreren Sätzen. Hier im Netz sind diese Texte seit April 2013 erschienen. Das erste Tageheft (2011-2012) ist 2016 als Buch erschienen, das zweite (2013-2014) 2017, das dritte (2015-2016) 2018, das vierte (2017-2018) 2019 (siehe unter AKTUELLES).

31. Oktober 2020
Nicht das Visier – es läßt sich nur geringfügig verstellen – ist die Maske, sondern das Gesicht.

30. Oktober 2020
Die besten Helfer der Antisemiten sind die, die den Vorwurf des Antisemitismus ohne den mindesten Nachweis dazu mißbrauchen, ihre Gegner anzugreifen. Was werden Sie von denen halten, die Ihnen ins Gesicht schlagen mit der Begründung, sie hätten dort eine Fliege gesehen?

29. Oktober 2020
Ein Recht zu schweigen gibt es – bei Lebensgefahr für den, der spricht.

28. Oktober 2020
Das Recht, nichts zu tun, setzt die Pflicht voraus, niemandem etwas zu tun und von niemandem etwas zu verlangen.

27. Oktober 2020
Immer ist der Horizont größer und weiter als unser Horizont.

26. Oktober 2020
Es gibt die Erfolglosen, die verlacht und ohne gemeinsame Nacht davongekrochen sind, um in der Badewanne zu schlafen und die, wenn sie allein in einer leeren Wohnung wachwerden, die norwegische Holzvertäfelung in Brand stecken. Lieber sollten sie sich an sich selbst rächen.

25. Oktober 2020
„Gott hat dazugelernt“, sagt der Kirchenamtsverwalter, der gegen die Fäulnisgase zwei Klima-Manager engagiert hat.

24. Oktober 2020
Begeisterter Patriot eines fremden Landes zu sein, in dem man nicht geboren ist und nicht lebt, ist eine deutsche Spezialität.

23. Oktober 2020
Sie werfen dem Präsidenten eines anderen Landes vor, daß er das Beste nicht für sie will, sondern für sein Land.

22. Oktober 2020
Die Erde schwebt ja nicht im Raum – sie ist gehalten in ihrer Bahn. Das abgeworfene Blatt schwebt, in seinem verzögerten Fallen.

21. Oktober 2020
Das große Leid der Juden ist all- und altbekannt. Das kleine Leid der denkenden Juden wird verursacht von denen, die ungefragt und mit fatalen Folgen an zentraler Stelle in ihrem Namen sprechen und besser bei ihrem Leisten und in ihrer gelernten Berufung geblieben wären.

20. Oktober 2020
Wenn ein Gedanke den anderen überlagert und zum Verschwinden bringt, so daß du ihn nicht mehr festhalten kannst, so kannst du doch darauf hoffen, daß er zum Substrat und Dünger dessen wurde, der auf ihn folgte.

19. Oktober 2020
Meist endet unser Mut an der Haustür – beim Eintreten, beim Fortgehen oder in beiden Fällen.

18. Oktober 2020
Karlheinz Deschner, trotz einiger Irrtümer (er unterschätzt Storm, der ein Genie der untergründigen und hintergründigen Lyrik wie der zeitsuchenden Prosa ist, und ebenso C. F. Meyer, dieses Genie der formvollendeten Verknappung) sehr hellsichtig in seiner Akzentuierung, daß, wer einen Dichter abkanzelt wegen weltanschaulicher Differenzen, ein banausischer Barbar ist.

17. Oktober 2020
Es gibt Menschen, die man deshalb vermißt, weil sie noch nicht vor Gericht erschienen sind.

16. Oktober 2020
Wir alle fürchten, etwas zu tun, was wir späterhin nicht getan haben wollen. Während die schlichteren Gemüter beim tödlichen Verletzen ihres Kindes davon reden, Bockmist gebaut zu haben, finden die Gewandteren elegante Formulierungen.

15. Oktober 2020
Wie wenige Augenblicke mit großen Chancen, dafür aber die Jederzeitigkeit des Abstürzens.

14. Oktober 2020
„Obwohl er angibt Pazifist zu sein – er hat etwas von einem Offizier.“ Der gutbürgerliche Offizier, der dieser Behauptung über einen Nicht-Uniformierten widerspricht, hat nicht begriffen, daß die Landjunker immer in ihren schlammbedeckten Stiefeln stecken werden, selbst bei Hofe.

13. Oktober 2020
„Er tritt auf wie ein Aristokrat.“ Wenn er einer ist, wie sollte er sonst auftreten? Wenn er keiner ist, ist jedes Wort darüber eines zuviel.

12. Oktober 2020
„Unser Gott“: Aller und niemandes und doch uns näher als THE ONE AND ONLY.

11. Oktober 2020
Als er sich noch nicht als Fremder fühlte, war er sich am fremdesten. Die anderen halfen ihm, ein Fremder zu sein.

10. Oktober 2020
Du willst irgendwann erfolgreich sein? Möchtest du mit Elke Heidenreich tauschen? Inklusive des Körpers? Wirklich?

9. Oktober 2020
Daß es uns außergewöhnlich berührt, wenn ein Raubtier – getrieben von mütterlichen Instinkten oder wovon auch immer – ein Haustier wie ein befreundetes Raubtier der eigenen Familie behandelt, schulden wir unserer Angst vor dem planetaren Winter und der endlosen Nacht.

8. Oktober 2020
Nicht einmal für Unterhaltung kann ich garantieren.

7. Oktober 2020
Freue dich an den düsteren Farben, in denen dir der weitere Weg geschildert wird, denn dies sollte dir Hoffnung geben. Die Menschen irren sich oft.

6. Oktober 2020
Wenn aber nun die Beste nicht die Richtige ist?

5. Oktober 2020
Die Gewißheit, in eine andere Kaschemme zu gehen, hat etwas Beruhigendes. Kein Zwang zur Veränderung, weder in der Kleidung noch im Benehmen.

4. Oktober 2020
Ein Mischling zu sein ist ein Unglück, wenn es sich darum handelt, geradeaus durch das Leben zu marschieren, unverzüglich anzugreifen, unendlich zu dulden. Geht es um eine Meisterschaft im Zweifeln an allem und jedem, auch an sich selbst, um das Anstimmen und Heraushören von Zwischentönen und um Überleben im Handstand auf der Klinge, so ist ein gemischtes Gefüge von Vorteil.

3. Oktober 2020
Prometheus: Nur als Unsterblicher und Allmächtiger mehr als eine traurige und lachhafte Figur.

2. Oktober 2020
Zu Anfang glaubt die Fliege immer, fröhlich mit der Spinne auf dem Netz tanzen zu können. Es hat vor langem eine Zeit gegeben, als Alice Schwarzer, deren geschichtliches Verdienst eher in ihrer Opposition zum islamischen Patriarchat als in ihrer Abtreibungsverherrlichung zu sehen ist, unbelastet Kontakt aufnehmen konnte zu einer hoffnungsvollen Jungpolitikerin aus dem Nordosten. Die, Tochter und Enkelin von auf verschiedenen Schultern tragenden Seitenwechslern, zeigte sich prädestiniert dafür, das an anderem Orte Gelernte erfolgreich gegen ihre Förderer anzuwenden, die Ahnungslosen und die Ehrgeizigen einzuspinnen in ihre Rankünen.

1. Oktober 2020
Unbegangene Wege gehen verloren.

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