Rolf Stolz     · · ·     Literatur und Photographie

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TAGEHEFT

ZUM TAGEHEFT
In den Tageheften habe ich seit dem 1. Mai 2011 Tag für Tag festgehalten, was mir wichtig war - in einem oder mehreren Sätzen. Hier im Netz sind diese Texte seit April 2013 erschienen. Das erste Tageheft (2011-2012) ist 2016 als Buch erschienen, das zweite (2013-2014) 2017, das dritte (2015-2016) 2018, das vierte (2017-2018) 2019 (siehe unter AKTUELLES).

31. August 2019
Mit großen aufgerissenen Augen, mit scheunenweit aufstehendem Mund reagieren nachgeborene Naivlinge und Narren auf die natürlich vollkommen überraschende und unwahrscheinliche Tatsache, daß – angeführt von einem Verbrecher und einer verbrecherischen Partei mit verbrecherischem Programm und verbrecherischer Politik, die begünstigt von verbrecherischen Zwangsmaßnahmen der Außenstehenden in den Jahren zuvor sich an die Macht geprügelt und geputscht hatten – ein Spektrum von gewöhnlichen Alltagsmenschen, halben Helden und ganzen Verrückten in einem Strom aus Mord und Terror handelte.

30. August 2019
Bildbar wären auch die Ungebildeten gewesen, wenn man sie nicht gelassen hätte.

29. August 2019
Gerecht wäre ein einziges Angebot. Gerecht, ungesund, lebensfeindlich.

28. August 2019
Die Herren der Welt lassen sich zwei Kategorien zuordnen: Die einen entsprechen den Buchstaben, die von einer Schreibmaschine auf dem Papier hinterlassen wurden, vielleicht störend, aber zu übertippen oder mit Tipp-Ex zum weißen Verschwinden zu bringen; die anderen haben ihr Symbol in den Worten einer beim Ausschalten des Computers nicht gespeicherten Datei.

27. August 2019
Wer sich überzeugt hat vom Zustand der Welt, wer sich überzeugt hat von seinen eigenen Überzeugungen, der wird den einen oder anderen überzeugen können und seine häufigeren Mißerfolge als ebenso unentbehrliche wie wenig bedeutsame Kettenglieder einer Versuchsserie sehen.

26. August 2019
Wie soll der, der das Eigene nicht achtet, den Fremden achten, der das Seine hochhält?

25. August 2019
Danke, daß du nichts geschenkt bekamst und daß du etwas verschenken konntest.

24. August 2019
Strikt zu unterscheiden: die späte Blüte, die noch Frucht trägt, und die, die so schön sie sein mag, nur noch für sich und als Abschiedssignet da ist.

23. August 2019
Wenn du keine Zeit mehr hast, solltest du ganz eintauchen in die verbleibende Gegenwart.

22. August 2019
Zunächst untersuchen, wie hoch das Wasser eingedrungen ist, dann feststellen, woher es kommt und welcher Weg, es wieder herauszubekommen, der lohnendste ist.

21. August 2019
IN EXTREMIS: Nur vom Äußersten, vom Kampf um das eigene Überleben her läßt sich Ethik begründen –als ein Dennoch gegen den naturnotwendigen Egoismus.

20. August 2019
Nur Imbezille und Ignoranten wagen es, achtzig Jahre später in hochoffiziellen Veröffentlichungen die seit 1920 juristisch unter dem Schutz des Völkerbundes stehende Freie Stadt Danzig für 1939 als „polnische Stadt“ zu etikettieren. Nicht einmal die widerrechtlich von polnischen Soldaten besetzte Westerplatte gehörte damals zu Polen.

19. August 2019
Operateur zu sein, ohne zu wissen und laut zu sagen, daß Operationen tödlich mißlingen können, ist ein Verbrechen.

18. August 2019
Der weitsichtige Europäer Metternich, der so trefflich den Winter vorbereitete und den Frühling um einiges vertagen half.

17. August 2019
Aus Zeichen werden andere Zeichen – vom Wartburgfest bis zur Aktion Sands.

16. August 2019
Nur noch in Spuren, in einem abgeblätterten Schild, was ein Ort einmal war – bis wieder Wüste sein wird.

15. August 2019
Sinnlosigkeit des Redens von einem Bruder, den man nicht kennt oder je gekannt haben konnte.

14. August 2019
Unterwerfung unter unser Schicksal mindert die Furcht.

13. August 2019
Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen der Angst zu widersprechen und der Angst, sich zu widersprechen. Es sind die Gespaltenen, die mit dem halben Herz, die diese Ängste haben.

12. August 2019
Die Freigiebigkeit der Verbrecher, die etwas verschenken, das ihnen nie gehörte und nie etwas bedeutete – und manchmal ist der Judaslohn nur ein hohles Presselob und ein Schulterklopfen.

11. August 2019
Es gibt Menschen, die leichthin sterben, ihre Kraft verlierend und an ihr Ziel gekommen. Kein Stamm, kein Volk geht leicht.

10. August 2019
Eine Regierung zu beseitigen - ein Schnitt in der obersten Hautschicht; ein Land oder ein Volk zu beseitigen – eine Amputation, deren Wundbrand andauern wird.

9. August 2019
Im Verschwinden der Völker gehen nicht allein ihre Kräfte und Werte ein in die Metamorphose, sondern auch ihre Trauer, ihre auf Rache gerichtete Wut, ihre Verzweiflung, ihr abgrundtiefer Haß.

8. August 2019
Ein Völkerfrühling ohne Eisgang und ohne erfrorene Blüten ist nicht zu erwarten.

7. August 2019
Niemals die Dichter verantwortlich machen für das, was nach ihnen kam! Platens POLENLIEDER waren und sind kein Aufruf, die Deutschen aus dem Osten zu vertreiben, auch wenn sie ungewollt der Propaganda einer chauvinistischen Bewegung halfen, die 1848 ihre Unschuld verlor und zu Recht niedergeworfen und siebzig Jahre niedergehalten wurde.

6. August 2019
Welch ein Unfug, eine geschichtliche Gestalt in der Hauptsache anders zu beurteilen als danach, ob sie unseren Leuten gut getan hat oder doch die Absicht dazu hatte. Deshalb ist Hitler zu verdammen (zu seinem angeblichen guten Willen schaue man auf seine Haltung in Sachen Südtirol schon weit vor 1933), wohingegen bei dem Massenmörder Berija zumindest die Wahrscheinlichkeit einzurechnen ist, er hätte aus seinen Gründen heraus versucht, der Einheit und Neutralisierung Deutschlands näherzukommen, wenn er denn an der Macht geblieben wäre. Dem mörderischen, aber immerhin weniger mörderischen Chruschtschow wird niemand solche Absichten unterstellen, sowenig wie dem begabten Sonntagsmaler und Publizisten Winston Churchill, auf dessen Schuld-Konto nicht allein der Feuersturm gegen die deutschen Städte geht, sondern in Bengalen 1942 bis 1944 der totgeschwiegene Holocaust mit 6 bis 7 Millionen verhungerten Indern.

5. August 2019
Schlimmer als der Tod: Der Geruch des Todes.

4. August 2019
Wem wird der Käfer, den ich zerdrückte, weil er aus der heiß werdenden Pilzpfanne sprang, seine Vernichtung zuschreiben? Wem wird der Käfer, dem ich im Garten auf die Beine und zur Flucht verhalf, seine Rettung zuschreiben?

3. August 2019
Weitere wissenschaftliche Untersuchungen werden klären, ob Influenza oder Influencer gesellschaftlich schädlicher sind.

2. August 2019
Adolf Hitler: Ein Tierfreund.

1. August 2019
Wird der Hinweis, er habe jahrelang ein gutes Leben auf seiner Weide gehabt, den Stier beruhigen, der die Corrida vor sich hat, wird er ihn mild und gnädig stimmen?

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