Rolf Stolz     · · ·     Literatur und Photographie

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„Bellschen“
Eine Gegenwartstragödie, eine Fahrt ins Glück


„Der Gegenwert der Gegenwart ist eine rote Null.“

Die Mitspieler:


Der Führer
- eine große dunkle Gestalt, schwärzer als die Nacht und weißer als das blanke Nichts
Herr Stern - ein Schlauchen mit Hut auf dem Hals
Frau Kern - seine ungeliebte Geliebte und eine große Frrrau, ein Nadelstreifen-Hyänle, dünn und hart
Frau Globalski - erst ein Proll-Troll in tigerbuntem Kampfkostüm, nachher auch anderes, leider viel zu fett und viel zu nett
Karl Arsch - die ärmste Sau, hat nichts am Stecken
Mitreisende und Kinder aus Plastik und Draht

„Wat een wonderlijk land, dat B.“

***

Bellschen


ist eine Fahrt ins Glück, weil einer das Glück hat, alle, die mit ihm unterwegs sein dürfen, zu überleben (auch wenn er nicht mehr davon hat als das dicke Gefühl, gerade das vielleicht doch nicht gewollt zu haben). Alle fünf Figuren (wie eine Hand unter der kreischenden kreisenden Säge: nur der Daumen bleibt übrig, und nur, weil er seine eigensinnige Richtung hat, schräg seitlich aus der Spur), alle fünf sind nicht, was sie zu sein vorgeben. Auch der Führer, das Oberschwein, das den anderen sagt, wo es langgeht und was man jeweils zu sehen hat, ist ein Schweinchen oder wird es doch nach und nach. Aber auch das merken die blöden blinden Zuschauer erst am Ende. Ziemlich lange denken die sich, da lotst einer mit Messer im Sack und Mordlust im Bauch zwei Deppen und zwei Deppinnen quer durch das tote tödliche Bellschen auf eine Besichtigungstour und die beginnt beschissen und wird heftig enden. Kurz vor dem Ziel der Ziele, so denken sie, führt er ihnen vor, wie sie unter grandiosen Ovationen unter seinen Händen hochinteressant einer nach dem anderen abkratzen. Ab und weg ausgerechnet aus Bellschen, das noch schlimmer ist als die gierig hineinreisenden Fremden, diese Kunden auf Erkundungsfahrt, es glauben können. Du mußt auf dem Weg quer durch das kaputte Land zusehen, wie du hier was wegholzt und da zickzackspringst, wie du vorbeikommst an kindlichen Leichen, an Stallvieh voller Hustengift, schon einkassierten oder noch abkassierenden Polit-Lemuren, an Altfallabwasserfällen. In diesem Nutti-Frutti-Mazedonien (da hast du den Salat) macht der König im Marmorpuff so nebenher seinen Premier zur Sau, der sich unangekündigt eingenäßt hat und unangenehm menschlich riecht. Auf dem Platz des Ziemlichen Friedens werden die Friedensaktivisten im stillen Auftrag des Märtyrerverbandes von der Polizei exekutiert (oder doch nur scheinexekutiert?), Kinder werden angelockt und zum Verschwinden gebracht, Kirchenreformer und Patriarchen zelebrieren gemeinsam Schwarze Messen. Die Parlamente sind leer, selbst an den Börsen schreien nur noch Pappkameraden. Nach Absolvierung der vorgesehenen Adventure-Events werden Menschen in Dungfabriken der Weiterverarbeitung zugeführt. In diese Wegwerf-Welt kommt unser Held, der alle erlösen soll und kriegt die Hucke voll. Und als er durch ist, ganz unten ganz durch, da hat er vier Menschen ausradiert, aus denen auch nichts Besonderes und Besseres geworden wäre, aber so bleibt er als Gewinner knapp unter Null und redet sich ein, daß er schon tot war, ehe er das Schwert nahm.


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